Die Raupen des Großen Kohlweißlings waren bis in die 1970er Jahre gefürchtete Schädlinge auf unseren Kohlfeldern, bis ihnen chemische Mittel schließlich den Garaus machten. Ihre Raupen sah man damals überall in großer Zahl auf den Kohlblättern sitzen, die sie gewöhnlich bis auf die Blattstile aufzufressen pflegten. Für Vögel schienen sie ungenießbar zu sein, so dass zu ihrer Bekämpfung nur das Absammeln half – ein Prozedere, welches insbesondere kohlanbauende Kleingärtner regelmäßig durchführen mussten, um am Ende die Kohlköpfe doch noch erfolgreich ihrer eigentlichen Bestimmung zuführen zu können. Und im Hochsommer fand man dann überall an Baumstämmen, an und in Schuppen, unter dem Hausdach und anderswo die typischen Gürtelpuppen des Großen Kohlweißlings, wobei viele Raupen gar nicht erst zum Verpuppen kamen. Denn aus ihnen quollen viele kleine Maden der Kohlweißlings-Schlupfwespe (Cotesia glomerata) hervor, die sich sofort neben der verendeten Raupe in kleinen gelben Kokons einspinnten. Im Volksmund hießen die ovalen Häufchen dieser Schlupfwespenkokons schlicht „Raupeneier“ – was natürlich nicht zutreffend war.
Autoren aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert berichten teilweise von Massenvermehrungen von Kohlweißlingen, die in großen Schmetterlingszügen mündeten. Eine der letzten großen Kohlweißlingszüge erfasste noch im Jahr 1956 große Teile Deutschlands und konnte eingehend untersucht werden. Interessant ist, dass wandernde Kohlweißlinge ihre Flugweise vom normalen Flattern zu einer Art Dahingleiten ändern, welches von Zeit zu Zeit von schnellen Flügelschlägen unterbrochen wird.
Einzelwanderer unter ihnen ziehen meist geradlinig nur wenige Meter über den Boden dahin (ähnlich wie die Distelfalter), während Wanderschwärme aus vielen Tausend Individuen durchaus beträchtliche Höhen erreichen können. Der Wandertrieb, der durch eine lokale Massenvermehrung ausgelöst wird, erfasst zuerst überwiegend weibliche Tiere. Die mehr aus männlichen Tieren bestehenden Schwärme folgen ihnen etwas später nach und vermischen sich schließlich mit den Ersteren. Wenn die Wanderzüge in südliche Richtung erfolgen, können sie auf die Alpen treffen, die sie dann zu überfliegen versuchen. So wird berichtet, dass ein kleiner Eissee im Dachsteinmassiv in 2095 m Höhe Anfang August 1953 „weiß“ war von darin ertrunkenen Großen Kohlweißlingen, die eine Windböe hineingeschleudert haben.
Das Zugverhalten des Großen Kohlweißlings gibt noch viele Rätsel auf. Nur ist durch die moderne Landwirtschaft die Population soweit ausgedünnt, dass es zu keinen direkt sichtbaren Wanderungen mehr kommt. Das ist zwar gut für den Bauern, aber schlecht für die Wissenschaft…
Der Große Kohlweißling zeigt einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. Das bedeutet, dass sich männliche und weibliche Falter anhand ihrer Flügelzeichnung gut unterscheiden lassen. So fehlen dem Männchen die beiden auffälligen schwarzen Flecke des weiblichen Oberflügels.
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